Wenn du dich fragst, warum ich in der Überschrift statt Hygge kein deutsches Wort benutze, das jeder kennt und versteht, dann deshalb, weil es keine adäquate Übersetzung gibt. Man könnte sagen, hyggelig bedeutet gemütlich oder kuschelig. Das wird dem skandinavischen Wort, dessen Substantiv Hygge ist, jedoch nicht gerecht. Hygge beschreibt keinen Zustand, sondern ein Lebensgefühl. Am ehesten läßt es sich mit „Wohlbefinden“ übersetzen. Hygge erstreckt sich auf alle Lebensbereiche: Wohnen, Essen & Trinken, Lifestyle. Hygge bedeutet Genuss und Entschleunigung, kleine und große Glücksmomente, Ruhe und Besinnlichkeit, gute Beziehungen zu Familie und Freunden…
Heute möchte ich dich ein klein wenig inspirieren, mehr Hygge in dein Leben zu bringen. Gerade während der kalten, dunklen Wintermonate sollten wir es uns besonders hyggelig machen. Das tut nicht nur unserer Psyche, sondern auch unserer Gesundheit und der Seele gut.
1 – Gestalte dein Zuhause hyggelig
Kerzenschein, kuschelige Decken, gemütliche Kissen und eine schöne, gedämpfte Beleuchtung sorgen dafür, dass dein Zuhause hyggelig wird.
Die „Erfinder“ von Hygge, die Dänen, verbrauchen zirka 6 bis 8 Kilo Kerzen pro Person im Jahr und führen damit die Spitze Europas an. Wir Deutschen dagegen liegen mit einem Verbrauch von lediglich 2 bis 3 kg Kerzen jährlich ziemlich hinten. Hier haben wir also noch eine Menge Aufholbedarf.
Kerzenflammen tauchen jedes Zimmer in sanftes Licht und wirken beruhigend. Das Flackern der Flamme wirft tanzende Schatten an Decke und Wand, was Lebendigkeit in den Raum bringt. Kerzenlicht beruhigt und regt gleichzeitig an. Tischgespräche werden intimer und tiefgründiger, wenn eine Kerze (oder mehrere) auf dem Esstisch stehen.
Einen ähnlichen Effekt kann man mit Steh- und Tischlampen erreichen. Während Deckenlampen meist zu hell und ungemütlich sind, kann man mit mehreren, im Raum verteilten Lämpchen eine wunderschöne, heimelige Atmosphäre schaffen. Für Leuchten kann man ein Vermögen ausgeben, was aber überhaupt nicht nötig ist. Auch preiswerte Lampen erfüllen ihren Zweck. Wie zum Beispiel die Tischlämpchen, die in meinem Wohnzimmer für sanftes, gemütliches Licht sorgen.
Eine weitere Möglichkeit, dein Zuhause hyggelig zu machen, sind kuschelige Kissen und flauschige Decken. Je mehr Stoffe, um so gemütlicher wird es. Außerdem kann man, allein durch das Austauschen der Kissenbezüge und Sofadecken, einem Raum ein völlig anderes Gesicht geben. Im Frühjahr und Sommer sind helle, bunte und seidige Materialien perfekt. Während der kalten Jahreszeit darf es ruhig etwas opulenter zugehen. Stoffe aus Samt, Wolle, Kunstfell und Filz in satten, warmen Farben machen Sofa und Lesesessel zur Kuscheloase.
Ein hygelliges Zuhause spricht alle Sinne an. Mit duftenden Aromaölen und würzigen Räuchermischungen kannst du deine Stimmung positiv beeinflussen und eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Ganz wichtig ist dabei, auf eine gute (Bio-)Qualität der Öle bzw. des Räucherwerks zu achten.
Ein harmonisches, aufgeräumtes Wohnambiente ist Hygge. Der skandinavisch Wohnstil ist minimalistisch und klar. Hier kann man sich wunderbar entspannen, und auch das Auge findet Ruhe. Sanfte, helle Farben, Naturholz und -materialien, gradlinige Formen und zurückhaltende Wohnaccessoiresses sind typische Merkmale des skandinavischen Wohnstils.
2 – In hyggeligem Loungewear gemütlich auf dem Sofa chillen
Ich bin kein Fan davon, zuhause im Jogginganzug rumzulaufen. Aber abends in Jeans auf dem Sofa zu chillen, ist leider alles andere als hyggelig. Glücklicherweise gibt es hochwertige Loungewear, zum Beispiel aus weichem Nickimaterial, das kuschelig ist und dabei gut aussieht. Wenn ich „hochwertig“ schreibe, meine ich damit nicht irgendwelche Designerteile. Für mich bedeutet hochwertig: natürliche, ökologische Materialien, fair produziert.
Hygge hat sehr viel mit Achtsamkeit und Respekt gegenüber der Natur und der Umwelt zu tun. Wenn du dich für Öko-Kleidung entscheidest, trägst du ein klein wenig dazu bei, die Lebensumstände der Menschen, die in fernen Ländern unsere Kleidung anfertigen, zu verbessern.
3 – Kulinarische Genüsse zuhause genießen
Ob allein, im engen Familienkreis oder mit Freunden: Leckeres, gesundes Essen selbst zubereiten und gemütlich zuhause essen ist Hygge pur. Dabei muss man keinesfalls mit einem 3-Gänge-Menü aufwarten. Auch eine deftiger Eintopf oder knusprige Bratkartoffeln können glücklich machen. Gesundes, nahrhaftes Essen, am besten in Bio-Qualität, ist hyggelig.
Besonders beliebt in der kalten Jahreszeit sind Fondue und Raclette. Am meisten Spaß macht das in geselliger Runde. Ein schöner Anlass, mal wieder Freunde oder liebe Verwandte einzuladen. Hygge bedeutet nämlich auch, seine Beziehungen zu pflegen. Wie könnte man das besser, als mit einer Einladung zu einem gemütlichen Beisamensein mit leckerem Essen und Trinken.
Auch aber auch die kleinen, täglichen Genüsse bergen großes Glückspotential in sich. Gönne dir öfters einmal eine kleine Auszeit, und mache es dir mit einem leckeren Capuccino, einer Tasse Tee oder einer heißen Schokolade mit Sahne auf deinem Lieblingssessel gemütlich. So viel Zeit muss sein!
4 – Selfcare ist Hygge
Selfcare, zu deutsch Selbstfürsorge, ist untrennbar mit Hygge verbunden. Selbstfürsorge bedeutet schlicht und ergreifend, dafür zu sorgen, dass es einem gut geht. Sich kleine Auszeiten nehmen, Stress reduzieren, Dinge tun, die einem Spaß und Freude machen. Auch einmal Nein zu sagen und jemandem einen Wunsch oder eine Bitte abschlagen, wenn einem gerade nicht danach ist, gehört zur Selbstfürsorge.
Hier sind einige Anregungen, wie du Selfcare ganz einfach in deinen Alltag integrieren kannst: Ein entspannendes Schaumbad bei Kerzenlicht, einen Brief an einen lieben Menschen schreiben, einfach nur so unter der Woche einen freien Tag nehmen, ein nächtlicher Spaziergang durch verschneite Straßen, einen ganzen Tag in Stille verbingen (kein TV, kein Radio, kein Handy und kein Social Media), sich in ein schönes Café setzen und die Zeit an sich vorbei treiben lassen …
Eine schöne Idee für eine kleine, aber feine Auszeit ist es, einen Tag in einem Day-Spa zu verbringen. Die meisten größeren Hotels bieten auch Nichtgästen die Nutzung des Wellnessbereichs an. Man kann eine Tageskarte kaufen und dort in gepflegtem, schicken Ambiente Sauna, Dampfbad, Whirpool und den Ruhebereich nutzen. Und vielleicht sogar eine entspannende Massage oder Kosmetikbehandlung dazu buchen. So ein Tag im Day-Spa ist herrlich erholsam, fast wie ein kleiner Urlaub. Hast du Lust darauf? Bestimmt gibt es auch bei dir in der Nähe ein Hotel mit Wellness- und Spabereich.
5 – Zeit für den Partner und die Familie
Genauso wichtig wie Selfcare ist es, sich um den Partner, die Familie und die Freunde zu kümmern. Leider bleibt dies allzu oft im Alltagsstress auf der Strecke. Nicht wenige Ehepaare leben nebeneinander her, statt eine lebendige, inspirierende Partnerschaft zu führen. Dazu gehören gute Gespräche, verbindende Erlebisse zu zweit, gemeinsam Zukunftspläne zu schmieden. Und vor allem, sich Zeit füreinander zu nehmen. In neudeutsch: Quality Time. Lasst doch einfach einmal abends den Fernseher aus, und unterhaltet euch miteinander. Zuhause bei Kerzenlicht, bei einem Spaziergang oder in einem gemütlichen Pub. Oder verwöhne deinen Partnerin nach einem stressigen Tag mit einer entspannenden Rückenmassage.
Auch die Kids leiden darunter, wenn die Eltern gestresst sind und zwischen all den Verpfichtungen wenig Zeit und Ruhe für gemeinsame Unternehmungen finden. Eine schöne Möglichkeit, die Familie zusammen und die Kids weg von ihren Handys zu bringen, ist ein gemeinsamer Spieleabend.
Vergiss auch nicht deine betagten Eltern, Großeltern, Tanten und Onkels. Eines Tages sind sie nicht mehr da. Dann wirst du vielleicht traurig darüber sein, dass du dich wegen all der anderen (un)wichtigen Dinge zu wenig um sie gekümmert hast. Hör auf mich, denn ich weiß aus eigener, schmerzlicher Erfahrung wovon ich rede. Möchtest du einen hyggeligen Lebensstil kultivieren, sollten für dich die Menschen (inklusive du selbst) an erster Stelle stehen.
6 – Feste feiern und raus in die Natur!
Im Winter neigt man dazu, sich zuhause einzuigeln. Das ist schade, denn auch bei niedrigen Temperaturen kann man viele tolle Sachen unternehmen. Den Winter draußen in der Natur zu genießen ist Hygge. Gerade in den Ländern, wo die Winter besonders kalt und lange sind, findet das Leben draußen statt. Hast du gewußt, dass in Quebec (Kanada) bei Minus 30 Grad, der größte Winterfasching der Welt gefeiert wird?
Da bei uns, mal abgesehen von den Weihnachtsmärkten, im Winter wenig los ist, musst du deine Feiern und Feste eben selbst organisieren. Warum nicht einmal die Freunde zum Wintergrillen einladen? Oder mit den Nachbarn eine ungezwungene Garten-Glühweinparty feiern? Oder mit Freunden eine schöne Wanderung mit Picknick im Schnee machen…
Aber auch alleine oder zu zweit sollte man, gerade im Winter, möglichst oft raus in die Natur. Ein Spaziergang durch die herrliche Winterlandschaft vertreibt trübe Gedanken und tut einfach gut. Hygge ist, sich danach zuhause am prasselnden Kaminfeuer oder in eine Decke gekuschelt, wieder aufzuwärmen.
7. Kulitiviere positive, liebevolle Gedanken
Wie oben bereits erwähnt, kann man Hygge als eine Lebensphilosophie bezeichnen. Fast wichtiger als ein gemütliches Zuhause ist deshalb die innere Einstellung.
Menschen, die den hyggeligen Lifestyle pflegen, sind entspannt und gelassen. Sie begegnen ihren Mitmenschen freundlich, hilfsbereit und geduldig. Auch wenn sie mit unangenehmen Dingen konfroniert oder angegriffen werden, reagieren sie überlegt und friedfertig. Wer ausgelichen ist (dazu gehört auch, sich von negativen Dingen nicht ständig runterziehen zu lassen), kann besser entspannen und das Leben genießen.
Unsere dänischen Nachbarn sagt man nach, besonders freundlich und hilfsbereit zu sein. Außerdem sind die Dänen dafür bekannt, dankbar und zufrieden mit dem zu sein, was sie haben. Ist das vielleicht die Geheimformel, weshalb die Dänen ein glückliches Volk sind?
Last, but not least: Mein Bonus-Tipp für die ultimative Krönung des Hygge
Als Hundeliebhaberin behaupte ich felsenfest: Nichts ist hyggeliger, als ein Haustier. Ein Hund, oder auch ein Kätzchen, bringen unendlich viel Liebe und Geborgenheit in dein Leben. Natürlich muss die Anschaffung eines Haustieres sehr gut überlegt werden. Man übernimmt für viele, lange Jahre die Verantwortung für ein kleines Lebewesen, das viel Zeit und Fürsorge braucht. Aber dafür bekommt man so unendlich viel zurück.
Unser Hund Chipsi ist leider vor fast genau einem Jahr gestorben. Im Haus habe ich seitdem nicht viel verändert oder umgestaltet, und trotzdem ist die Atmosphäre eine ganz andere. Da ist eine Leere, die mit Worten nicht zu beschreiben ist! Unsere kleine Mitbewohnerin auf vier Pfoten hatte unser Zuhause erst richtig hyggelig gemacht.
Genug der Worte! Jetzt mache ich es mir mit einem Capuccino und einem spannenden Buch auf dem Sofa hyggelig. Ich freue mich, dass du meinen Blog besucht hast und wünsche dir einen gemütlichen, kuscheligen Tag/Abend.
4 comments
Guten Morgen Birgit, ein sehr schöner Beitrag, da wird mir gleich ganz hyggelig ums Herz. Ich stimme dir in allen Punkten zu, aber Duftkerzen gehen bei mir gar nicht. Kann keine künstlichen Gerüche in der Wohnung haben. Da bin ich irgendwie empfindlich.
Liebe Hanuki,
ja, das kann ich verstehen. Nicht jeder mag Duftkerzen. Ich persönlich verwende ausschließlich natürliche (Bio-)Düfte. So Zeugs wie z.B. Febreze kommt mir auch nicht ins Haus.
Herzliche Grüße
Birgit
Hallo Birgit!
Ein wunderschöner, super liebevoll gestalteter Artikel! Schon beim Lesen wurde mit ganz ,,hyggelig“ und wenn ich mich bei mir im Haus umschaue, bin ich wohl, bei allem was ich nicht bin – im Hyggelig-Sein ein Naturtalent! Wenigstens ein Talent …Alles Liebe, Nessy
Liebe Nessy,
gerade jetzt, wo wir alle zuhause bleiben wollen, ist es wichtig, ein hyggeliges Heim zu haben. Wenn man sich in seinen vier Wänden wohlfühlt, ist es einfacher, durchzuhalten! Schön, dass du es Zuhause hyggelig hast. Und ich bin sicher, dass du viele weitere Talente hast. Vor allem deine Arbeit als Ärztin ist jetzt, in dieser schweren Zeit, so wertvoll und wichtig für uns. Danke dafür und bleib bitte gesund.
Herzliche Grüße,
Birgit